Die Deutsch-Israelische Gesellschaft ist die größte und traditionsreichste Organisation für die Freundschaft zwischen der deutschen und der israelischen Gesellschaft.
Wir sind überparteilich und laden Bürgerinnen und Bürger aus allen demokratischen Parteien und politischen Milieus zur Mitarbeit und Mitgliedschaft ein. Unsere zentralen politischen Grundlagen sind die Werte des Grundgesetzes: Achtung und Schutz der unantastbaren Menschenwürde, der freiheitlich demokratischen Grundordnung (fdGO) und des Gedankens der Völkerverständigung. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft unterstützt deshalb auch die Gemeinsame ‚Erklärung gegen die AfD‘ des Zentralrates der Juden und vieler jüdischer Organisationen und Verbände.
Die Deutsch-Israelische Gesellschaft ist eine pro-zionistische Organisation; sie unterstützt und verteidigt die zionistische Idee und Wirklichkeit des Staates Israel. Der Zionismus ist die Nationalbewegung des jüdischen Volkes. Er vertritt ein breites politisches Spektrum von links bis rechts. Mit der Gründung des Staates Israel wurde der zionistische Traum Wirklichkeit.
2023 haben wir 75 Jahre Israel gefeiert: Mit der Gründung des jüdischen und demokratischen Staates hat das jüdische Volk sein Recht auf nationale Selbstbestimmung wahrgenommen. Völkerrechtlich fußte die Staatsgründung auf dem UN-Teilungsplan von 1947.
Israel ist eine vielfältige und pluralistische Demokratie. Es hat ein breites zionistisches Parteienspektrum von links bis rechts und hat und hatte immer wieder verschiedene arabische
Parteien in der Knesset.
Israel hat bei seiner Gründung nicht die Chance zu einem verfassungsgebenden Prozess gehabt. Mit Grundgesetzen (Basic Laws) und der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (Supreme Court) wurde diese Lücke gefüllt: Israel hat trotz seiner Situation als Land im permanenten militärischen Konflikt mit Nachbarländern und Terrorgruppen Standards von rechtsstaatlichen Schutz entwickelt, die den Standards von Staaten der Europäischen Union oder den Vereinigten Staaten von Amerika entsprechen.
Israel als jüdischen und demokratischen Staat in seiner Identität und Genese der deutschen Öffentlichkeit zu erklären, ist eine der Aufgaben der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Wir machen dabei keine israelische Innenpolitik, sondern sehen unsere Rolle primär in der Erklärung und Vermittlung der politischen Entwicklungen Israels in der deutschen Öffentlichkeit und wollen zu einem Austausch der demokratischen Spektren der Zivilgesellschaften unserer beiden Länder und zum Verständnis von Israel in der deutschen Bevölkerung beitragen. Schon in Düsseldorf haben wir 2016 festgestellt: „Wir sind überzeugt von der Lebendigkeit und Kraft dieser einzigen Demokratie im Nahen Osten und treten aus geschichtlicher Verantwortung und eigener Überzeugung für sie ein. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, die Vielfalt der israelischen Debatten auch in Deutschland sichtbar zu machen.“ Dieses Bekenntnis ist nicht wertfrei, sondern ein Bekenntnis zur israelischen Demokratie und zum israelischen Rechtsstaat. Deshalb haben wir die Diskussionen über die Infragestellung der Rechtsstaatlichkeit Israels von innen und außen kritisch verfolgt und kommentiert. Wir begrüßen die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, mit der er den Gesetzesbeschluss zur Beschränkung seiner Kompetenzen aufgehoben hat.
Der 7.10.2023 war für Israel und für die Jüdinnen und Juden in aller Welt eine Zäsur, ebenso für Israels Freundinnen und Freunde: An keinem Tag nach der Kapitulation des Deutschen Reiches am 8. und 9. Mai 1945 wurden so viele Jüdinnen und Juden ermordet. Der Angriff der Hamas war ein genozidales Massaker: Die Terroristen der Hamas und ihre zivilen Helfershelfer ermordeten mehr als 1200 Frauen und Männer, Alte wie Kinder, sogar Säuglinge und Holocaustüberlebende. Die Terroristen exekutierten, vergewaltigten und massakrierten sie, weil sie Israelis, Einwohner oder Bürger des jüdischen Staates, waren. Das Töten und Quälen war Selbstzweck, es gehorchte keiner irgendwie gearteten Strategie zur Erreichung eines legitimen oder illegitimen Ziels. 257 Geiseln vom Baby bis zu Holocaustüberlebenden wurden von der Hamas entführt, um Israel bei der Kriegsführung zu erpressen und ein zigfaches an Terroristen freizupressen. Über 6 Monate nach dem Massaker ist die Mehrheit der Geiseln noch immer nicht befreit und auch die Befreiten werden ein Leben lang an Seele und Körper verletzt sein.
Nie in der langen Geschichte sexualisierter Gewalt in Kriegen war die Gewalt in diesem Ausmaß – von den auf ihre Unmenschlichkeit stolzen Tätern selbst mit Dashcams – so gut dokumentiert und gleichzeitig die Empörung in der Öffentlichkeit so gering. Wir können nicht verstehen, wie Frauenorganisationen und auch Institutionen der Vereinten Nationen zu diesen abscheulichen Verbrechen zunächst lange schwiegen, warum der gesellschaftliche Aufschrei ausblieb.
Insgesamt fällt eine verbreitete Empathielosigkeit mit den israelischen Opfern auf: Das Erschrecken über die Monstrosität der Taten der Hamas dauerte nur wenige Stunden an. Auch in Deutschland. Täter und Opfer wurden schnell vertauscht – von Internettrollen bis hin zum UN-Generalsekretär.
Und weltweit löste der 7.10 einen ‚Tsunami des Antisemitismus‘ (Deborah Lippstadt) aus. Als wollten die Feinde Israels beweisen, dass es den jüdischen und demokratischen Staat als Garantie für jüdisches Leben auf diesem Globus benötigt, folgte auf den Angriff der Hamas eine Welle von antisemitischen Anfeindungen und Israelhass mit tätlichen Angriffen auf Jüdinnen, Juden und jüdische Gemeinden und Einrichtungen.
Die Deutsch-Israelische Gesellschaft steht ohne Wenn und Aber an der Seite des Staates Israel, wenn er sich gegen Angriffe seiner Nachbarn oder gegen terroristische Gewalt verteidigt.
Israels Regierung und Armee müssen dafür sorgen, dass sich etwas Vergleichbares wie der 7.10. nicht wiederholen kann. Das ist ihre Verantwortung und Pflicht gegenüber ihrer Bevölkerung. Die Hamas hat erklärt, dass sie solche Massaker zu wiederholen beabsichtigt. Deshalb geht es bei der Selbstverteidigung nicht einfach um ein Zurückschlagen der Angreifer oder gar irgendwelche Revanche- oder Rache-Akte.
Es geht darum, der Hamas die Fähigkeit zur Wiederholung solcher Terrorakte zu nehmen: ihre militärische Struktur zu zerstören.
Diese Selbstverteidigung fußt auf dem Völkerrecht und das humanitäre Völkerrecht definiert und begrenzt die zulässige Vorgehensweise. Dies spiegeln die Einsatzregeln und -routinen der israelischen Streitkräfte wider.
Aber in einem Krieg passieren Fehler und es kann auch vorkommen, dass Soldatinnen und Soldaten Einsatzregeln verletzen. Das gab es auch in dieser Militäroperation „Swords of Iron“. Und Israel ahndet auch solche Grenzüberschreitungen. Das ist Israel seinen eigenen Werten genauso schuldig wie es eine Verpflichtung des humanitären Völkerrechtes ist.
Israels Selbstverteidigung mit dem Ziel der Vernichtung der militärischen und politischen Strukturen der Hamas ist vom Völkerrecht gedeckt. Gegen die israelische Kriegsführung wird mit der Gegenüberstellung der Todesopfer auf beiden Seiten und der daraus abgeleiteten Suggestion einer angeblichen Unverhältnismäßigkeit argumentiert. Es geht aber eben nicht um Vergeltung und Aufrechnen. Verhältnismäßigkeit ist kein Algorithmus und keine mathematische Formel. Sie setzt die Verfolgung eines legitimen Zwecks sowie die Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der ergriffenen Maßnahmen voraus. Diesen Anforderungen genügt Israels Krieg gegen die Hamas:
Die DIG erkennt das große Leid der Bevölkerung Gazas in diesem Krieg an. Unsere Menschlichkeit nutzt die Hamas als ihre Waffe. Die Strategie der Hamas ist, dass man ihre Kämpfer nur angreifen kann, wenn man dabei das Leben Unbeteiligter mit gefährdet. Zivilisten werden als menschliche Schutzschilde eingesetzt, hinter, unter und in völkerrechtlich geschützten Zielen wie Krankenhäusern, Moscheen und Schulen oder UN-Einrichtungen befindet sich ihre militärische Infrastruktur. Unter dem UNRWA Hauptquartier in Gaza befand sich z.B. ein IT-Zentrum der Hamas.
Mit hohen zivilen Opferzahlen soll Israels Ansehen in der Welt beschädigt werden. So will man die politische Unterstützung für Israels Selbstverteidigung unterminieren und den jüdischen und demokratischen Staat politisch isolieren. Auch der Hunger ist eine Waffe in der Hand der Hamas: Die Hamas ließ erklären, dass Palästinenser die Israel bei der Verteilung von Lebensmitteln helfen oder diese Verteilung sichern, nicht tolerierbaren Verrat an der Nation (= Drohung mit Ermordung) begehen.
Es ist wichtig, Israel bei der Versorgung der Menschen in Gaza durch die Staatengemeinschaft zu unterstützen. Gleichzeitig sollte man sich hüten, im propagandistischen Drehbuch der Hamas zu agieren und zu argumentieren. An den Diskussionen vor allem in den USA sieht man den Erfolg der Delegitimierungsstrategie der Hamas und ihrer Verbündeten.
Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit: Auch die schlimmsten Verbrechen rechtfertigen keine Rache und keine Menschenrechtsverletzungen. Mit Sorge vernehmen wir Berichte über Gewalt einiger Siedler in der Westbank gegen die palästinensische Bevölkerung. Selbstjustiz und rassistische Gewalt lehnen wir in jeder Form ab. Die DIG betont, das Gefangene der IDF aus Gaza entsprechend der Genfer Konventionen behandelt werden müssen und dass Verstöße dagegen schnell aufgeklärt und juristisch korrekt verfolgt werden. Wir setzen darauf, dass die israelischen Sicherheitskräfte und die israelische Justiz solche Verletzungen israelischen Rechts ahnden werden.
Von Anfang an haben die Proxys der Islamischen Republik Iran den Angriff der Hamas auf die israelische Zivilbevölkerung unterstützt: Zahllose Raketen feuerte die Hisbollah auf Israel. Nicht nur am Rande des Gazastreifens, sondern auch in Israels Norden mussten Gemeinden evakuiert werden. Mit terroristisch-kriegerischen Angriffen auf die zivile Schifffahrt haben die terroristischen Huthi-Milizen ihre Unterstützung des Hamas-Terrors erklärt. Der barbarische Angriff des 7.10. war also auch die Verschärfung eines regionalen Konfliktes. Koordiniert, finanziert, ausgerüstet und trainiert wird dieser Terror durch die Islamische Revolutionsgarde IRGC und ihre Auslandseinheit, die Quds-Einheit.
Die Islamische Republik Iran hat am 13.4.2024 die Drohung eines direkten Angriffes auf Israel wahrgemacht und ein großes Arsenal von Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern abgefeuert. Dass bei der Abwehr des Angriffs Israel von den USA, Frankreich und Jordanien unterstützt wurde, andere Nachbarn zumindest mit Informationsaustausch halfen, zeigt, dass die Islamische Republik Iran von den Staaten der Region als Gefährder der regionalen Stabilität erkannt wird.
Israel hat auch auf Bitten seiner Bündnispartner auf einen großen militärischen Gegenschlag bisher verzichtet. Damit haben diese Bündnispartner jetzt aber auch die Verantwortung, ernsthafte Anstrengungen zu unternehmen, der nuklearen wie konventionellen Bedrohung Israels wie der Region durch die Islamische Republik Iran aktiv zu begegnen und die die Mechanismen des Nukleardeals JCPOA zu aktivieren, die für die schon seit längerem bestehende Verletzung der Vereinbarung durch die Islamische Republik Iran vorgesehen sind. Eine weitere Eskalation durch die Islamische Republik Iran muss unbedingt verhindert werden. Das Signal muss klar sein: Wenn die Islamische Republik Iran Israel erneut angreift, steht Israel nicht allein.
Die USA haben schon zu Beginn des Gaza-Krieges mit der Verlegung eines Flugzeugträgers samt Kriegsschiffen entsprechende Signale ausgesandt. Deutschland beteiligte sich mit der Fregatte „Hessen“ an der European Union´s Naval Force (EUNAVFOR) OPERATION ASPIDES im Roten Meer, um dort die Handelsschifffahrt gegen Angriffe der militant-islamistischen Huthi-Terroristen zu sichern.
Nur Abschreckung und eine feste Haltung wird die Islamische Republik Iran vom weiteren Drehen an der Eskalationsschraube und seinem Streben zur Nuklearmacht abhalten. In der Iranpolitik braucht es in Deutschland eine Zeitenwende. Die Diplomatie mit dem Iran ist in eine Sackgasse geraten.
Israel ist nicht erst seit dem 7.10., seither nur verstärkt, in den Gremien der Vereinten Nationen einer beispiellosen Delegitimierungskampagne ausgesetzt. Dem muss sich Deutschland wegen seiner Werte wie aus historischer Verantwortung entgegenstellen.
Wir haben nichts gegen ein kritisches Wort gegenüber Israel, wo es angezeigt ist. Wir beobachten, dass es darum vielen Akteuren in der UN leider nicht geht, sondern um Diabolisierung und Delegitimierung des jüdischen Staates. Viele dieser Akteure wollen damit einerseits von eigenen politischen Problemen ablenken, aber besonders auch jegliche Form von gefährlichem Antisemitismus schüren.
Solange Israel in der Generalversammlung, im Menschenrechtsrat oder anderen UN-Organisationen überproportional und unangemessen Gegenstand von Resolutionen ist, sollte Deutschland hier nicht länger mitmachen, sondern die Anträge grundsätzlich immer ablehnen.
Die Aussage und das Versprechen der Ampel-Regierungskoalition sowie früherer Bundesregierungen: „Die Sicherheit Israels ist für uns Staatsräson.“ begrüßen wir. Sie muss im diplomatischen und militärischen Alltag mit Leben erfüllt werden und darf kein leeres Lippenbekenntnis für Sonntagsreden sein. Bislang folgte aber zu wenig wirklich Substantielles daraus. Der Beitritt als Drittpartei im Verfahren Südafrika ./. Israel ist eine anerkennenswerte Ausnahme.
Auch die Ankündigung „Wir machen uns stark gegen Versuche antisemitisch motivierter Verurteilungen Israels, auch in den VN.“ wurde bislang nicht wirklich umgesetzt. Wir fordern die Regierungskoalition und die Bundesregierung auf, sich an diese Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag zu erinnern und sie zur Richtschnur deutscher Außenpolitik zu machen.
Das Instrumentalisieren der wichtigen Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes und des Internationalen Gerichtshofs durch die Klagen Südafrikas, Nicaraguas und Kolumbiens ist problematisch. Mit großer Sorge sehen wir den Druck auf das Gericht und seiner Richterinnen und Richter. Tendenzen zur machtpolitischen Politisierung des Völkerrechtes stellen die friedensstiftende Kraft des Rechts selbst in Frage.
Die IGH-Richterin Julia Sebutinde aus Uganda, die mit nachvollziehbaren rechtlichen Argumenten rügte, dass Südafrika selbst auf einer prima-facie-Basis nicht nachgewiesen hat, dass die angeblich von Israel begangenen Handlungen, über die der Antragsteller klagt, mit der erforderlichen genozidalen Absicht begangen wurden und daher in der Lage seien, in den Anwendungsbereich des Völkermordübereinkommens zu fallen, erntete für ihr Sondervotum öffentliche Kritik, einen regelrechten Empörungssturm und sogar Druck der Regierung ihres Heimatlandes. Einem solchen Klima und einer derartigen Politisierung muss entgegengetreten werden. Vor Gericht dürfen nur Tatsachen und rechtliche Argumente Gewicht haben, der IGH darf nicht zu einer ähnlichen Farce werden wie die Menschenrechtsrat der UN in Genf. Es ist daher zu begrüßen, dass die Bundesregierung im Verfahren Südafrika gegen Israel als dritte Partei beigetreten ist. Das ist gelebte Staatsräson.
Der IGH hat in seiner ersten Entscheidung zu Südafrika ./. Israel Israels Selbstverteidigungsrecht nicht in Frage gestellt und auch in der Sache Nicaragua ./. Deutschland keinen Anlass gesehen, Deutschland für Waffenlieferungen an Israel irgendwelche rechtlichen Auflagen zu machen.
Den Versuchen, Israels Selbstverteidigung und Existenz mit diesen Verfahren zu delegitimieren, werden wir weiter entgegentreten.
Bei einer Gesellschaft, in der Terrororganisationen eine gesellschaftliche Basis haben, ist bei der Vergabe von humanitärer Hilfe und erst recht bei Entwicklungshilfe größte Sorgfalt geboten. Diese wurde von der Bundesrepublik Deutschland bei Zahlungen im Nahen Osten in den letzten Jahrzehnten nicht immer an den Tag gelegt:
• Finanzierung von Dual-use-Gütern ohne Endverbleibskontrolle
Nach einer Untersuchung von Unterlagen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) haben es die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bei der Vergabe von Entwicklungshilfe im Gaza-Streifen an der notwendigen Sorgfalt mangeln lassen. Beim Bau von Raketen und Tunneln der Terrororganisation Hamas sind Material, Fachkenntnis und Logistik eingesetzt worden, wie sie nach Recherchen der ARD auch für deutsche Entwicklungshilfeprojekte verwendet wurden. Rohre, Kanalringe, Stahl und Zement können sowohl zivil als auch terroristisch verwendet werden (“Dual Use”). Die ARD hatte vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) nach Monaten über das Informationsfreiheitsgesetz die Herausgabe von 150 Seiten Akten erreicht und untersucht.
• Finanzierung von PFLP-Vorfeldorganisationen in den Gebieten
Israel hatte sechs und später zwei weitere auch mit Bundesmitteln unterstützte palästinensische, der Terrororganisation PFLP nahestehende Organisationen als Terrorfinanzierer und somit als Terrororganisationen eingestuft. Die israelische Organisation NGO-Monitor hatte deutsche Stellen in Berichten über Jahre hinweg vor den Verstrickungen dieser Organisationen gewarnt. Viele Fachleute haben Deutschland wegen seiner fortgesetzten Finanzierung kritisiert. Trotzdem hielten deutsche politische Stiftungen und das Auswärtige Amt lange an der Finanzierung fest. Das Bundesinnenministerium machte klar, dass die Finanzierung dieser terroraffinen Organisationen problematisch ist. Die DIG hatte sich immer wieder für den Stopp dieser Zahlungen ausgesprochen.
• UNRWA: Fehlkonstruktion, Friedenshindernis und Terrorförderer
Auch hinsichtlich der UNRWA ist ein Umdenken in Brüssel und Berlin erforderlich. Wer weiter an der UNRWA-Finanzierung festhält, finanziert die Verstetigung des Konflikts und investiert nicht in seine Lösung:
Es braucht keine zwei Flüchtlingswerke der Vereinten Nationen, eines für alle Flüchtlinge dieser Welt, den UNHCR, das sich um Integration der Flüchtlinge in den Aufnahmeländern kümmert, und eines für die Nachfahren der Flüchtlinge und Vertriebenen des israelischen Unabhängigkeitskrieges, das eine Eingliederung verhindert; UNHCR ist mit knapp über 20.000 Mitarbeiter für 110 Millionen Flüchtlinge zuständig, UNRWA betreut mit ca. 30.000 Mitarbeitern 6.7 Millionen Klienten. Das ist nicht im Lot. Deshalb spricht sich die DIG seit vielen Jahren gegen eine Weiterfinanzierung dieses Sonderhilfswerkes aus. Der 7.10. hat diese Frage nur akuter gemacht:
Der offizielle Bericht von Catherine Colonna enthält keine substantielle Untersuchung und Aufarbeitung der Verstrickungen der UNRWA mit der Hamas und dem Massaker vom 7.10.. Er kann nicht als Beleg für die Unbedenklichkeit der UNRWA herangezogen werden. Informationen, die von Israel und NGOs der Kommission zur Verfügung gestellt wurden, wurden im Bericht weder berücksichtigt noch bearbeitet. Der Ansatz des Koalitionsvertrages, bei der UNRWA mit einem „unabhängigen Monitoringprozess [zu] unterstützen, um Fehlentwicklungen entgegenzuwirken”, muss als gescheitert angesehen werden. Eine Reform des UNRWA über die UN-Generalversammlung hat keine Aussicht auf Erfolg. Wir können aber nur entscheiden, ob wir weiter dieses friedensschädliche Werk finanzieren. Wir sagen: Schluss mit der Finanzierung der UNRWA!
Unter Ausstieg aus der UNRWA-Finanzierung verstehen wir:
Zügiger Umstieg der Leistung der humanitären Hilfe für die Menschen in Gaza über andere UN-Agenturen wie UN OCHA, World Food Programme (WFP), WHO, UNICEF oder internationale Hilfsorganisationen wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz.
Sofortiger Ausstieg aus der Entwicklungshilfe über die UNRWA und Umwidmung der Mittel für die Integration der Kinder und Kindeskinder der palästinensischen Flüchtlinge von 1948. Sie sollen über die Aufnahmestaaten, PA oder andere UN-Agenturen wie UNICEF oder Hilfsorganisationen vergeben werden.
Es gibt keine Alternative zum Leisten von humanitärer Hilfe. Aber wer keine Alternative zur UNRWA sieht, verfolgt eine politische Agenda. Sich wiederholende Finanzskandale und die Verbindung zu terroristischen Strukturen erschüttern das Vertrauen in UNRWA zutiefst.
Außerdem erwarten wir, dass die verantwortlichen Ressorts unter Einbeziehung unserer Sicherheitsbehörden und in Abstimmung mit den israelischen Partnern neue Controlling- Mechanismen für Vergabe und Endverbleib von allen Entwicklungshilfeleistungen in der Region entwickeln und umsetzen.
Neben und nach dem militärischen Sieg über die Hamas stellt sich die Frage, ob und ggf. wie der Konflikt politisch gelöst werden kann. Aus den Außenministerien von Washington, Paris und Berlin kam nach dem 7.10. der Ruf nach der Zweistaatenlösung. So weit entfernt wie nach dem 7.10.2023 erscheint die Zwei-Staaten-Lösung noch nie. Das Massaker der Hamas, seine Unterstützung durch palästinensische Zivilisten und die uneindeutige Haltung von Palästinenserpräsident Abbas hierzu hat zumindest zunächst jede Vertrauensbasis zerstört.
Dennoch muss weiter darüber nachgedacht und diskutiert werden, wie die palästinensische Bevölkerung in den Gebieten, also im Gazastreifen und im Westjordanland, zu ihrem Recht auf Entwicklung einer Zukunft und zur Verwirklichung ihrer bürgerlichen und politischen Rechte gelangen kann.
Die Deutsch-Israelische Gesellschaft wird sich an der Diskussion darüber auch aktiv beteiligen.
Die erste Aufgabe wird eine Nachkriegsordnung für Gaza ohne Hamas und andere Terrororganisation sein. Dafür werden unterschiedliche Modelle wie etwa aus den Übergangsadministrationen und -regelungen nach den Kriegen des zerfallenen Jugoslawiens genannt, um eine von Palästinensern getragene Hamas-ferne Ordnung aufzubauen.
Landläufig wird der Ruf nach der Zweistaatenlösung mangels anderer Vorschläge auch als Platzhalter oder semantischer Container für eine Absage an den Status quo der letzten Jahre, als Regelung auf Dauer und als Unterstützung für die Rechte der Palästinenser:innen in den Gebieten verstanden. In diesem Sinne unterstützt die Deutsch-Israelische Gesellschaft die Zweistaatenlösung. Sie wird allerdings nicht der nächste politische Schritt sein, der auf den jetzigen Gaza-Krieg folgt. Eine Zwei-Staaten-Lösung setzt voraus, dass auch eine breite gesellschaftliche Mehrheit der Palästinenserinnen und Palästinenser sich eine friedliche Nachbarschaft zweier Staaten wünscht.
Eines ist auch gewiss: Der arabisch-israelische Konflikt und auch die palästinensische Frage werden nicht in Berlin gelöst oder entschieden; weder am Werder’schen Markt noch in der Littenstraße.
Wir werden am Ende jede politische Lösung unterstützen, die Israel mit seinen arabischen Nachbarstaaten und Vertreter:innen der Palästinenser:innen erreicht. Und wir wollen eine Lösung, die das Blutvergießen beendet, die die enormen Sicherheitskosten des Konfliktes reduziert und so die Chancen auf Prosperität und Frieden für beide Völker verbessert.
Voraussetzung jeder politischen Lösung ist eine verlässliche Antwort auf die Sicherheitsfrage: Es muss gewährleistet sein, dass Israel durch eine Lösung nicht unsicherer wird und sich die Angriffe auf Israel von 1948, 1967, 1973 … oder auch 2023 und 2024 nicht wiederholen werden und können. Wer eine politische Lösung des Konfliktes will, muss an einer Antwort hierauf arbeiten.
Das Volk von Israel hat immer wieder gezeigt, dass es zu einer politischen Lösung nach dem Motto ‚Land für Frieden‘ bereit war: 1982 mit dem Rückzug aus dem Sinai, 2000 mit dem Abzug aus dem Süden des Libanons oder 2005 mit dem Rückzug aus dem Gazastreifen. Aber Sicherheit muss mehr sein als Paperwork; das sollten alle internationalen Akteure aus dem Budapester Memorandum und des wiederholten Überfalls Russlands auf die Ukraine gelernt haben.
Deutschland kann einen Beitrag leisten, die Gewalt zu mindern und verhandlungsfähige Perspektiven zu stärken,
Hier sehen wir als DIG einige politische Aufgaben für Diplomatie und Politik:
Einige Allgemeinplätze müssen dafür in Frage gestellt werden:
Der neuerliche Krieg gegen Israel hat auch in Deutschland wieder alle Debattenstandpunkte auf den Plan gerufen: Israels Sicherheit als deutsche Staatsräson, Bekenntnis zu Israels Existenzberechtigung hier, Diskussion darüber da. Und dazu ein wenig Israelkritik. Wir nehmen nicht hin, dass die Existenz Israels zur philosophischen Frage gemacht wird:
Die Auseinandersetzung um das Existenzrecht Israels kann man getrost zu den Akten nehmen: Israel existiert und zwar seit 1948. Es ist seit 1949 Vollmitglied der Vereinten Nationen.
Die UN-Charta schützt ihre Mitglieder vor Angriffen auf ihre Existenz, alles andere verstößt gegen das Völkerrecht: Die Charta der Vereinten Nationen respektiert die Souveränität jedes Mitgliedes, bestätigt die territoriale Integrität jedes Mitgliedsstaates und verbietet Angriffe auf die Grenzen eines anderen Staates.
Jede Infragestellung eines existierenden Mitgliedes ist somit ein Angriff auf den Völkerfrieden und gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet. Das gilt auch für Israel und wir fordern den Respekt dieser elementaren völkerrechtlichen Prinzipien auch in diesem Fall von allen UN-Mitgliedern und UN-Institutionen ein.
Wir wollen, dass dies auch in unserer Rechtsordnung zum Ausdruck kommt: Der Ruf „Tod Israel!“ gilt gegenwärtig in aller Regel als nicht strafbar. Das ist kein akzeptabler Rechtszustand. Man darf in Deutschland zwar keine Fahnen und nicht einmal Scheinfahnen zerstören, weil das den öffentlichen Frieden gefährdet und darin eine aggressive Haltung ausgedrückt wird. Wenn man ohne ausdrücklichen Aufruf zu Terror oder zum Führen eines Angriffskrieges, indem man den Weg dahin im Ungefähren lässt, die Auslöschung eines Staates fordert, ist das erlaubt.
Die Documenta 15, die Berlinale 2024, die Initiative GG 5.3 Weltoffenheit zeigten, welche Bedeutung israelbezogener Antisemitismus und BDS im Kulturbetrieb haben. Für israelsolidarische und antisemitismuskritische Künstler, für Jüdinnen und Juden und für Israelis sind Teile des Kulturbetriebes verschlossen. Nach dem 7.10. hat sich der Kulturbetrieb nicht eben mit Ruhm bekleckert. Viele schwiegen zunächst zum Massaker der Hamas, um bald Israel für seine Selbstverteidigungsmaßnahmen zu kritisieren.
Eine Ausnahme war Lars Henrik Gass, Leiter der Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen. Er bezog klar Position für Solidarität mit den Opfern der Hamas und gegen Hass auf Israel. Dafür wird er persönlich und das Internationale Kurzfilmfestival in beispielloser Weise angegangen: Die Kampagne gegen das Festival ist das erste Beispiel in Deutschland, in dem ganz explizit nicht nur gegen eine Institution, also das Festival, sondern auch gegen eine Einzelperson, gegen den Leiter, vorgegangen wird. Er bewies dennoch Rückgrat. Wir würdigen diese herausragende Leistung der Solidarität mit Israel nach dem 7. Oktober mit der Ernst-Cramer-Medaille 2024. Sie ist damit zugleich ein Zeichen für Kunst- und Meinungsfreiheit, für eine offene Gesellschaft mit kritischer Debatte und Begegnung in gegenseitigem Respekt statt Antisemitismus und Boykott.
Der Tsunami des Antisemitismus, der auf den 7.10. folgte, zeigte sich gerade auch in der akademischen Welt, an den Hochschulen. Mit Niederbrüllen, Nötigung und Gewalt versuchten Israelhasser an manchen Universitäten das Klima zu bestimmen. Hochschulleitungen zeigten sich überfordert. Als Reaktion hierauf gründet sich ein Netzwerk Jüdischer Hochschullehrender, das sich an der Seite der Jüdischen Studierenden Union (JSUD) diesem Klima entgegenstellt. Die DIG und ihr JuFo stehen an ihrer Seite. Wir begrüßen die gemeinsame Erklärung der Kulturministerkonferenz, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der kommunalen Spitzenverbände, die Länder, Bund und Kommunen auffordert, rechtssichere
Regelungen zu erarbeiten, die darauf abzielen, dass keine Projekte und Vorhaben gefördert werden, die antisemitische, rassistische oder andere menschenverachtende Ziele verfolgen.
Wir fordern
von der Bundesregierung, der Zivilgesellschaft, der UN und uns:
Nach dem Massaker vom 7.10. ist entschiedeneres Handeln im Bereich der humanitären Hilfe und Entwicklungshilfe erforderlich, um direkte oder indirekte Unterstützung von Terrorismus zu vermeiden: