DIG kritisiert Nationale Sicherheitsstrategie der Bundesregierung: Aussagen zu Israel enttäuschend

Zur Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung erklärt Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft:

Die Aussagen in der Nationalen Sicherheitsstrategie zu Israel sind so prosaisch wie enttäuschend.
Die Situation im nahen und mittleren Osten ist unterkomplex rezipiert.

Die Aussagen in der Nationalen Sicherheitsstrategie fallen hinter die klaren Aussagen in der Koalitionsvereinbarung zurück. Dort hieß es noch richtig:

“Die Sicherheit Israels ist für uns Staatsräson. Wir werden uns weiter für eine verhandelte Zweistaatenlösung auf der

Grundlage der Grenzen von 1967 einsetzen. Die anhaltende Bedrohung des Staates Israel und den Terror gegen seine

Bevölkerung verurteilen wir. Wir begrüßen die begonnene Normalisierung von Beziehungen zwischen weiteren
arabischen Staaten und Israel. Wir machen uns stark gegen Versuche antisemitisch motivierter Verurteilungen Israels,

auch in den VN.”

In mehrfacher Hinsicht ist die bloße Aussage zur “Verantwortung für das Existenzrechts Israels“ unangemessen bzw. unzureichend:

* In dem Bekenntnis zu dem Existenzrecht eines existierenden Staates steckt diskursiv immer die Denkmöglichkeit seiner Infragestellung. Der UN-Teilungsplan für Palästina wurde am 29. November 1947 von der UN-Generalversammlung beschlossen. Israel wurde auf dieser Grundlage am 14.05.1948, vor 75 Jahren, gegründet. Seit 1949 ist Israel Vollmitglied der Vereinten Nation. Jeder Angriff auf Israels Existenz stellt damit eine Verletzung der Charta der Vereinten Nationen dar. Deshalb: Israels Existenzrecht steht spätestens seit 1949 völkerrechtlich nicht mehr zur Disposition und nicht zur Diskussion. Israel existiert. Das Gerede über Israels Existenzrecht, ob affirmativ oder in Frage stellend, bewirkt nur eines, die Position Israels zu schwächen. Deutschland sollte sich daran nicht beteiligen, sondern sich klipp und klar zu Israels Sicherheit als deutsche Staatsräson und politische Aufgabe bekennen. Dieses Bekenntnis sollte die Bundesregierung fortlaufend konkretisieren, z.B. in ihrer Iranpolitik.

* Am gleichen Tag an dem die Bundesregierung ihre Sicherheitsstrategie verabschiedet hat, hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages ein Budget von 560 Millionen Euro für die Beschaffung des Raketenabfangsystems “Arrow 3” beschlossen. Damit wurde ein neues Kapitel der Kooperation aufgeschlagen. Diese Entscheidung wie Israels Kauf von deutschen U-Booten in der Vergangenheit zeigen die Bedeutung der strategischen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland. Sie hätten es verdient in der Nationalen Sicherheitsstrategie gewürdigt zu werden, ebenso wie Deutschlands strategisches Verständnis der Bedrohungen von Israel durch den Iran, seinen Proxys wie Hizbollah und Hamas oder Syrien.

In diesem Sinne werden wir die Strategie zum Anlass nehmen, um als DIG mit Bundesregierung und Bundestag in eine Diskussion einzutreten, was wir von der Umsetzung einer Nationalen Sicherheitsstrategie erwarten und was wir in der Nah-Ost-Politik und im Verhältnis zu Israel hier für erforderlich halten.

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Hintergrund:

Nationalen Sicherheitsstrategie: https://www.nationalesicherheitsstrategie.de/
S. 11
“Als bevölkerungsreichstes Land und größte Volkswirtschaft im Herzen Europas trägt Deutschland besondere Verantwortung für Frieden, Sicherheit, Wohlstand und Stabilität sowie einen nachhaltigen Umgang mit unseren Lebensgrundlagen. Diese Verantwortung nehmen wir auch im Bewusstsein unserer Geschichte wahr. Deshalb sind wir dankbar für die Aussöhnung mit unseren europäischen Nachbarn und übernehmen weiter Verantwortung für das Existenzrecht Israels.”

S. 19
“Wir handeln im Bewusstsein unserer Geschichte und der Schuld, die unser Land mit der Entfesselung des Zweiten Weltkriegs und im Zivilisationsbruch der Shoah auf sich geladen hat. Die Versöhnung mit unseren europäischen Nachbarn und die Verantwortung für das Existenzrechts Israels bleiben uns dauerhafte Verpflichtung.”